v.01.05
21.10.2022
Günther Wiehlmann
Heimat- und Wanderverein Kirschhofen e.V. (HuWV)
In der Nacht vom 24. zum 25. Februar 1944 war ein kanadisches Bombenflugzeug vom Typ Handley Page Halifax Mk. III in der Gemarkung Kirschhofen abgestürzt. Die Absturzstelle des Bombers wird im Lahntal gegenüber der Wilmersau im Bereich des Hexenlochs vermutet. Menschenleben waren dabei nicht zu beklagen.

Allgemeine Hinweise zum alliierten Bombenkrieg
Für die deutsche Rüstungsindustrie waren die Kugellagerfabrikationsstätten in Schweinfurt eines der Zentren. Um die deutsche Kriegswaffenproduktion zu stören führten alliierte Kampfflugzeugverbände am Donnerstag, dem 24. und Freitag, dem 25. Februar 1944 einen Dreifachangriff auf Schweinfurt durch.
Bei der Interpretation der Zeitangaben ist je nach Informationsquelle zu beachten, dass die genannten Zeitangaben auf dem bei den englischsprachigen Alliierten verwendeten Zeitstandard UTC (universal time constant), die Zeitangaben des Absturzes auch auf der deutschen Zeitrechnung MEZ (Mitteleuropäischen Zeit=UTC+1h) basieren können.
Am Nachmittag des 24. Februars begann die Aktion mit einer ersten Bomberwelle der US-Luftwaffe.
In der Nacht folgten mit dem zeitlichen Abstand von zwei Stunden zwei zusätzliche Angriffswellen des Royal Airforce Bomber Commands.
Die erste Welle erreichte Schweinfurt gegen 23 Uhr und plazierte ihre Bombenlast im Zielgebiet. Während der Lösch-, Berge- und Aufräumarbeiten am Boden folgte am 25. Februar um 1 Uhr die zweite Angriffswelle.
Um die Dimension des britischen Bombenangriffs dieser Nacht auf Schweinfurt grob zu beschreiben hier ein paar Rahmendaten des schwersten Angriffs auf das deutsche Rüstungszentrum. Details zum US-amerikanischen Angriffs werden an dieser Stelle nicht beschrieben.
Unter der Führung von Arthur Harris (von den Deutschen auch Bomber Harris genannt) wendete das „Bomber Command“ eine neue Taktik an:
392 Flugzeuge starteten mit Ziel Schweinfurt in einer ersten Angriffswelle, die zweite Welle mit 342 Bombern griff zwei Stunden später an.
Von diesen beiden Angriffsformationen des Bomber Commands gingen in dieser Nacht insgesamt 33 Flugzeuge verloren.
Im Einzelnen waren am Angriff beteiligt
- 554 Lancaster Bomber
vom Typ Avro 683 mit 4 Motoren und 7 Mann Besatzung - 169 Halifax Bomber
der Typen Handley Page B und A mit 4 Motoren und 7 Mann Besatzung - 11 Mosquito Jagdbomber
des Typs De Havilland DH.98 Mosquito
also relativ leichte Bomber mit 2 Motoren und 2 Mann Besatzung,
gebaut aus Sperr-, Fichten-, Birken- und Balsaholz
Details zur in Kirschhofen abgestürzten Maschine
Das in Kirschhofen abgestürzte Bombenflugzeug war Teil der ersten Welle des britischen Angriffs mit dem Namen Operation Schweinfurt. Die Maschine war eine Handley Page Halifax Mk. III und trug das Flugzeugkennzeichen „BM-J”. Sie gehörte zur 433. (B) Schwadron der Royal Canadian Airforce (433. (B) Sqn. RCAF), die in Skipton-on-Swale, Yorkshire, Nordengland ihren Heimatflughafen hatte. Kommandant des Fluges mit der Nummer HX269 war Flight Sergeant G.F.Fielding von der RCAF.
Die Maschine startete um 18.23 Uhr von einem Flughafen bei Skipton-on-Swale. Wegen Treibstoffmangels schaffte man es nicht, Schweinfurt zu erreichen und warf die Bombenlast irgendwo ab. Danach versuchte man, den heimwärts fliegenden Bomberstrom zu finden, um in dessen Schutz nach England zurückzukehren.
Man setzte Kurs auf Frankfurt am Main. In 6100m Höhe (vermutlich Flugfläche 200 entsprechend 20.000 Fuß) in Richtung Norden fliegend wurde das Flugzeug von einer Suchscheinwerferbatterie des in Darmstadt stationierten Scheinwerfer-Regt. 119 erfasst, der man nicht mehr entkam. Der Pilot ging in den Sturzflug und fing den Bomber wieder ab, wurde aber nach seiner Aussage auch nach dieser Aktion weiterhin angestrahlt.
Nun beschossen Frankfurter Flugabwehrkanonen das Flugzeug. Ein zweites Abtauchen soll der Halifax-Bomber mit Steuerungsausfall quittiert haben. Der Pilot konnte die Maschine nicht mehr hochziehen, eine stabile Fluglage konnte nur begrenzt hergestellt werden. Der Bomber blieb nur so lange in der Luft, bis es allen Besatzungsmitgliedern gelang, mit dem Fallschirm auszusteigen. Nachdem die Mannschaft das Flugzeug entlassen hatte, ist es abgekippt und auf dem Boden zerschellt. Als Absturzzeit wurde in verschiedenen Quellen 23.05 oder 23.25 Uhr genannt.
Information zu den Besatzungsmitgliedern
Allen Besatzungsmitgliedern gelang es, das Flugzeug per Fallschirm zu verlassen, alle kamen in deutsche Kriegsgefangenschaft.
F/S | G. F. Fielding | RCAF | P/O George Fielding gefangen in Frankfurt/ Main |
Sgt | J. Cowen | ||
Sgt | J. J. Mulvaney | RCAF | F/O Navigator James Joseph Mulvaney |
F/O | I. S. J. B. Thomas | F/O I. S. Thomas | |
Sgt | H. Whitt | gefangen in Limburg | |
Sgt | J. D. McNulty | RCAF | gefangen in Wilhelmsburg |
Sgt | E. J. Wood |
Technische Daten des Flugzeugs
Halifax III mit dem Flugzeugkennzeichen „BM-J”
und der Flugnummer HX269 vom 24./25.2.1944

Triebwerke: Vier Bristol Hercules VI schiebergesteuerte 14-Zylinder-Doppelsternmotoren mit je 1.650 PS (1213 kW) bei 2800/min
Besatzung | 7 |
Länge | 21,35m |
Spannweite | 31,80m |
Höhe | 6,32m |
Flügelfläche | 110,6m² |
Leermasse | 17.178kg |
Startmasse | 24.700kg |
Höchstgeschwindigkeit | 454km/h |
Reisegeschwindigkeit | 410km/h |
Landegeschwindigkeit | 120km/h |
Reichweite | 2.000km |
Dienstgipfelhöhe | 7.315m (24.000 Fuß=Flugfläche 240) |
Bewaffnung | Auf der Rumpfoberseite und am Heck je ein Drehturm mit Browning-MG Vierling im Bug ein MG Vickers K alle Kaliber .303 British (7,7mm) |
Bombenlast | 5.900kg |
Wenn Interesse an mehr Details zu dem abgestürzten Bombenflugzeug besteht schlage ich vor, https://www.youtube.com aufzurufen und „Inside a Halifax Heavy Bomber: Crew, Turrets and Guns [HP Halifax 2/2]“ zu suchen.
https://www.youtube.com/watch?v=2zypfAVMRJc
In diesem Video wird an und in einem realen Museumsflugzeug demonstriert, wie es in einem solchen Bomber zugeht.
© Heimat- und Wanderverein Kirschhofen e.V. 2022
Günther Wiehlmann am 21.10.2022
Quellenangaben
[Quelle: Norbert Vollmann]
[Quelle: Norbert Vollmann; aus kanadischen Quellen zusammengetragen]
[Quelle: eMail Jörg Helbig an NorbertVollmann@t-online.de
[Quelle: http://www.fredtrendle.de/images/pdf/Buchauszug-Februar-1944-Nacht.pdf
© 2020 Fred Trendle https://www.FredTrendle.de%5D
https://www.backtonormandy.org/the-history/air-force-operations/airplanes-allies-and-axis-lost/halifax/18558-HX2691944-02-25.html